Interview: Auf neuen Wegen mit dem gleichen Ziel
Herbert Völkle, Co-Geschäftsführer, verlässt die gzpk Schweiz per Ende 2024. Doch verlassen ist vielleicht das falsche Wort. Im Interview mit Leonie Hart erzählt er Ende November 2024 von den Freuden und Mühen der letzten zehn Jahre. Und von seiner neuen Wirkungsstätte, der BioSaat GmbH, die auch gzpk-Sorten vermarktet.
Leonie: Du hattest vor 10 Jahren deinen ersten Arbeitstag bei der gzpk in Feldbach. Mit welcher Idee kamst du zur gzpk?
Herbert: In den vorangegangenen 12 Berufsjahren als Biolandwirt und 8 Jahren in der Bio-Lebensmittelverarbeitung war ich immer wieder der Bio-Züchtung begegnet und freute mich darauf, mich in diesem Bereich zu engagieren. Ich nahm die Herausforderung an, die gzpk in die nächste Generation zu führen, und konnte bereits nach kurzer Zeit die Aufgaben gemeinsam mit Monika Baumann angehen. Die Teamarbeit, die Arbeit in der Natur sowie der fachliche Austausch mit Landwirtschaft und Verarbeitung haben mir immer grosse Freude gemacht.
Welche Höhen und Tiefen waren besonders eindrücklich für dich?
Dass züchterische Bemühung für Natur und Landwirtschaft, aber auch bis auf den Teller positiv wirksam werden kann, habe ich geahnt und theoretisch gesehen, aber wirklich erlebt habe ich es hier. Unterschätzt habe ich die Schwierigkeit der Aufgabe, in der Bio-Wertschöpfungskette die Bedeutung von Bio-Züchtung verständlich und erlebbar zu machen. Herausfordernd war, ist und bleibt die Finanzierung. Nicht immer fiel es mir leicht für das Einkommen von immer mehr Menschen verantwortlich zu sein in einer so ungewöhnlichen, mutigen Unternehmung. Auf viele Entwicklungen kann ich dennoch zufrieden zurückschauen: Wir konnten das Netzwerk weiterentwickeln in der Züchtung und in der Biobranche, wir konnten mit den verfügbaren Mitteln technisch und organisatorisch einen Schritt weiterkommen und – am wichtigsten – wir konnten Menschen halten und gewinnen, die einen Teil ihrer Lebenszeit für Biozüchtung einsetzen wollen.
Was hat sich bei Biosorten und auf dem Getreidemarkt während dieser Zeit verändert?
Die massivste Veränderung auf dem Markt der Getreidesorten war, dass sich (erfreulicherweise für Ökologie und Gesellschaft) auch einige klassische mittelständische Züchtungshäuser in Europa sowie auch Agroscope in der Schweiz vermehrt den Themen gewidmet haben, für die gzpk eine Pionierrolle hatte: gesunde Pflanzen, die auch ohne Mineraldünger und Chemie auskömmliche Erträge und eine gute Verarbeitungsqualität bringen. Die Idee ist der Nische entwachsen und jetzt stehen wir im Hinblick auf die Leistung von Sorten mit klassischen Züchtern in Konkurrenz.
Das ist erfreulich und tragisch zugleich, oder?
Dass unsere Züchtung auch in Bezug auf Ideen, Prinzipien, Methoden und Prozesse besser zum Biolandbau passt, wird von der Biobranche gesehen, ist aber eher ein weicher Faktor bei der Sortenwahl. Obwohl wir nicht ganz «mit dem Markt» gewachsen sind, ist es ein gutes Gefühl, mit der Arbeit der gzpk einen kleinen Beitrag zur Transformation geleistet zu haben, in den Jahren, in denen sich der Biolandbau in Europa nach Anzahl Betriebe und Fläche immerhin verdoppelt hat. Im Markt beobachten wir in der Schweiz, aber noch stärker in der EU, immer stärkeren Kostendruck auch auf die Bio-Getreideproduktion. Und in Krisen wird auch am Saatgut gespart, was die Rückflüsse reduziert und die Planbarkeit erschwert.
Was steckt hinter der Idee der BioSaat?
Die Zusammenarbeit zwischen den biodynamischen Getreidezüchtungsinitiativen Cultivari, Dottenfelderhof, Keyserlingk-Institut und gzpk besteht seit Jahrzehnten: Ringversuch, thematische Treffen, gemeinsame Forschungsprojekte. Mein Anliegen war von Anfang an, dass sie auch in der Sortenvermarktung zusammenarbeiten. Und in der Aussenwahrnehmung die Gemeinsamkeiten stärken, ohne die leicht unterschiedlichen Ansätze und Sichtweisen aufzugeben.
Wie hat alles begonnen?
Vor einigen Jahren gelang es uns, eine gemeinsame Sortenliste zu erstellen. Der nächste Schritt war dann gemeinsam mit der Züchtung vom Dottenfelderhof die Gründung der BioSaat zur gemeinsamen Vermarktung der Sortenrechte und zur Organisation der Bereitstellung von Basissaatgut. Hauptsächlich auf dem Gut Mönchhof erzeugen wir Basissaatgut für die Bio-Saatgutfirmen in Europa, die dann das Gebrauchssaatgut an Biobäuerinnen und Biobauern verkaufen. Seit kurzem zählen auch die Getreide- und Erbsensorten von Cultivari zum Portfolio der BioSaat. Nach drei Jahren genügt es jetzt nicht mehr das Unternehmen in Nebentätigkeit zu führen.
Wie bleibst Du mit der gzpk Schweiz verbunden?
In erster Linie werde ich mit BioSaat der gzpk gegenüber als Abnehmer und Interessent ihrer Sorten auftreten. Aus der Vermarktung der Sorten fliesst ja Geld in die Züchtung zurück, welches im gzpk-Budget als Eigenmittel verfügbar ist. Ich hoffe die gzpk zukünftig dadurch effizient unterstützen zu können. Und der fachliche Austausch mit den gzpk-Züchtenden über Sorteneigenschaften wird sicherlich auch bestehen bleiben. Auch für den Vorstand der gzpk stehe ich weiterhin gerne zur Verfügung.